Frauen in Österreich sind so gut ausgebildet wie nie zuvor, dennoch sind sie in Entscheidungs- und Führungspositionen stark unterrepräsentiert.
Die Webseite „Frauen in Führungspositionen“ hat das Ziel, mögliche Wege in Richtung einer Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen aufzuzeigen.
Zahlen und Fakten
Laut dem seit 2005 jährlich von der AK durchgeführten „Frauen.Management.Report“ liegt der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der Top 200 Unternehmen in Österreich im Jahr 2022 bei 8,9%. Von den Aufsichtsratsmitgliedern der Top 200 Unternehmen sind 24,7% weiblich.
Bei den börsennotieren Unternehmen liegt der Frauenanteil in Aufsichtsräten im Jahr 2022 bei 28,8%. Der Frauenanteil in Vorstandspositionen ist noch geringer als in den umsatzstärksten 200 Unternehmen und liegt 2022 bei 8,2%.
Nach wie vor sind wichtige Positionen in der Wirtschaft (Geschäftsführung, Aufsichtsrat) überwiegend mit Männern besetzt. Dies lässt sich unter anderem durch Geschlechterrollen und -stereotype erklären.
In Österreich gilt für die Privatwirtschaft seit 1. Jänner 2018 das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat (GFMA-G), das unter bestimmten Voraussetzungen eine Zielvorgabe von 30 Prozent für Frauen und Männer in Aufsichtsräten börsennotierter sowie großer Unternehmen (mit mehr als 1.000 Beschäftigten) festlegt. Zwar hat sich die Repräsentation von Frauen in den Aufsichtsräten der Top 200 Unternehmen in Österreich ebenfalls erhöht (2017: 18,1%; 2021: 23,5%; 2022: 24,7%), besonders deutlich ist der Effekt jedoch bei den börsennotierten Unternehmen. Während 2017 der Frauenanteil im Aufsichtsrat bei den börsennotierten Unternehmen bei etwa 16,1% lag, ist er 2022 bei den quotenpflichtigen Börsenunternehmen auf 35,1% gestiegen. Bei nicht-quotenpflichtigen Börsenunternehmen liegt der Frauenanteil 2022 bei 18 %. Bei der Unternehmensführung (Geschäftsführung, Vorstand) bleiben Frauen hingegen stark unterrepräsentiert.
Bereits seit 2011 besteht zudem die Selbstverpflichtung der Bundesregierung, den Frauenanteil in den Aufsichtsräten der staatsnahen Unternehmen (mit mindestens 50 Prozent Bundesbeteiligung) zu erhöhen. Mit Ministerratsbeschluss vom 3. Juni 2020 wurde festgelegt, dass der Frauenanteil in diesen staatsnahen Unternehmen auf 40 Prozent angehoben werden soll.Gemäß dem Fortschrittsbericht vom 2. März 2022 (Berichtszeitraum: 1. Jänner 2021 bis 31. Dezember 2021) betrug der Bundes-Frauenanteil in den Aufsichtsräten staatsnaher im Durchschnitt 50,5%: 148 der 293 vom Bund entsandten Aufsichtsratsmitglieder waren Frauen. Von insgesamt 55 Unternehmen erfüllen bereits 43 Unternehmen die bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode umzusetzende Bundes-Frauenquote von 40 % oder liegen sogar darüber.
Frauen in Führungspositionen: Repräsentation und Rahmenbedingungen (Economica, 2021)
Im September 2022 wurde die Studie „Frauen in Führungspositionen. Aktuelle Analysen zu Repräsenation und Rahmenbedingungen“ vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundeskanzleramts, Sektion für Frauen und Gleichstellung veröffentlicht. Sie enthält aktuelle Analysen zur Repräsentation von Frauen in Führungspositionen und Auswirkungen auf die Unternehmen, auf Basis umfassender Literatur- und Sekundäranalysen. Die Studie illustriert anschaulich, dass Frauen in Führungspositionen positiv zur wirtschaftlichen Unternehmensperformance beitragen und somit einen Wettbewerbsvorteil in Österreich schaffen. Die Studie geht insbesondere auf drei Schwerpunkte ein: die aktuelle Repräsentation von Frauen in Führungspositionen in Österreich, die Effekte auf den Unternehmenserfolg sowie mögliche Handlungsfelder bei den Rahmenbedingungen:
Geschlechtergleichstellung: Status Quo
Während Frauen bereits 47,0% der Erwerbstätigen in Österreich ausmachen, bilden sie unter den Führungspositionen mit 32,9% (lt. ISCO-Definition) noch eine Minderheit. Sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik hat sich der Frauenanteil bei den Führungskräften in den letzten Jahren jedoch bereits erhöht.
Auf EU-Ebene liegt Österreich bei der Repräsentation von Frauen etwa im Durchschnitt. Um genauer auf die Stärken und Schwächen Österreichs einzugehen, wurde in der Studie eine Clusteranalyse mit fünf Vergleichsländern, die ihrer Struktur nach Österreich besonders ähnlich sind, durchgeführt: Deutschland, Finnland, die Niederlande, Schweden und Dänemark. Hier liegt Österreich vor allem im Bereich der wirtschaftlichen Teilhabe im Schnitt hinter den fünf Vergleichsländern, verbesserte sich im Zeitverlauf jedoch stärker.
Effekte von Frauen in Führungspositionen auf den Unternehmenserfolg
Das Hauptaugenmerk der Studie liegt auf der Analyse der Effekte auf die Unternehmen. Eine Vielzahl der analysierten Forschungsergebnisse bestätigt, dass sich Frauen in Führungspositionen im Schnitt positiv auf den finanziellen Erfolg von Unternehmen auswirken und daher einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Noch deutlicher sind die positiven Effekte bei der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit, aber auch die Chancengleichheit und damit Einkommenschancen, Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden kann positiv beeinflusst werden.
Die folgende Abbildung zeigt die Zustimmung nach Geschlecht zur Aussage „Ökologische und / oder soziale Aspekte nehmen einen prioritären Stellenwert bei den Unternehmenszielen ein“:

Mögliche Ursachen für von Frauen und Männern sind etwa andere Motivationsfaktoren und Ziele (für Frauen stehen die Mitarbeitenden und langfristiges Wachstum im Fokus, kurzfristige Profitabilität kann daher geringer ausfallen), eine höhere Innovationskraft als auch ein umsichtiger Führungsstil (Bilanzberichtigungen sind daher seltener erforderlich).
Insgesamt zeigt die Studie, dass gemischt-geschlechtlich geführte Unternehmen im Schnitt erfolgreicher sind. Die meisten Unternehmen (65,91%) werden in Österreich jedoch immer noch rein von Männern geführt. Etwa ein Viertel (25,96%) wird gemischt-geschlechtlich und nur 8,13% rein von Frauen .
Vorteile von gemischt-geschlechtlichen Führungsteams
- Startups mit weiblichen oder gemischt-geschlechtlichen Gründungsteams entwickeln sich wirtschaftlich besser als männliche Teams.
- Sind ausschließlich Männer die Kapitalgeber, entwickeln sich von Frauen gegründete Startups finanziell schlechter als bei Investorinnen und/oder gemischt-geschlechtlichen Kapitalgeberinnen und Kapitalgebern.
- Weiblich und gemischt-besetzte Gremien legen einen stärkeren Fokus auf Unternehmenskultur, Work-Life-Balance und Zufriedenheit der Beschäftigten.
- Gemischt geführte Teams reagieren sensibler auf Trends und passen ihre Unternehmensstrategie eher daran an als männliche Führungsteams.

Rahmenbedingungen zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen
Um einen höheren Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erreichen, benötigt es einen ausreichend weiten Kreis an qualifizierten Frauen, mit denen Führungspositionen besetzt werden können (Bottom-up-Ansatz). In manchen Branchen, so wie etwa in den MINT-Bereichen, ist es daher essentiell, den Frauenanteil zu steigern und mehr Frauen und Mädchen in entsprechende Ausbildungen und folglich in MINT-Berufe zu bringen.
Der Trickle-down-Ansatz beschreibt die Vorbildwirkung von Frauen in Führungspositionen auf andere Frauen, um sie ebenfalls für eine Führungsposition zu motivieren. Hierzu zählt auch ein auf die Förderung von Frauen ausgelegtes Handeln (etwa im gesamten Auswahlprozess) und allgemein die Abkehr von bestehenden, traditionell verankerten Praktiken, die Frauen unbewusst benachteiligen.
Conclusio: Unternehmen in Österreich
Weibliche Führungskräfte in Österreich sind im Schnitt besser qualifiziert als männliche Führungskräfte. Trotzdem werden immer noch die meisten Unternehmen rein von Männern geführt. Insgesamt stellt diese bestehende geschlechtsspezifische Unausgewogenheit in Führungspositionen ein ungenutztes Potential in Österreich dar und bereitet laut Schätzungen der Studie Opportunitätskosten der Umsatzerlöse von mehr als 2,5 Mrd. Euro für die gesamte marktorientierte Wirtschaft. Ausgedrückt in Wertschöpfungsbeiträgen entspricht dies einem ungenutzten Potenzial in Höhe von 674 Mio. Euro (+0,19 %) für die marktorientierte Wirtschaft.
Die Studie „Frauen in Führungspositionen: Aktuelle Analysen zu Repräsentation und Rahmenbedingungen“ bestätigt, dass Frauen in Führungspositionen einen Mehrwert und Wettbewerbsvorteil darstellen – für das einzelne Unternehmen, die Branche sowie die österreichische Volkswirtschaft und Gesellschaft. Nicht nur finanzielle Ergebnisse können durch einen gesteigerten Frauenanteil in Führungspositionen positiv beeinflusst werden, sondern auch Nachhaltigkeitsaspekte vorangetrieben und Chancengleichheit sowie Zufriedenheit des Personals bestärkt werden. Solange Geschlechterparität jedoch nicht annähernd erreicht ist und der Frauenanteil gering bleibt, werden die vorhandenen Potenziale nicht ausgeschöpft werden.
Projekte und Materialien
Um die Repräsentation von Frauen in Führungspositionen langfristig zu erhöhen, braucht es neben einem Mix konkreter Maßnahmen für erwachsene Frauen, wie Zielvorgaben oder Führungskräfteprogramme, auch Projekte für Mädchen und junge Frauen zum Nachwuchs- und Talentemanagement. Unterschiedliche → Projekte und Initiativen in Österreich sollen daher Aufmerksamkeit für das Thema Frauen in Führungspositionen schaffen, und Mädchen und Frauen bereits im jungen Alter bestärken und über Möglichkeiten in MINT Berufen informieren. Auch innerbetriebliche Frauenförderung und Geschlechtergerechtigkeit innerhalb des Betriebes sind essentiell (siehe z.B. Gütesiegel equalitA).
Projekt: Women are TOP (2013-2015)
Das von der Europäischen Kommission ko-finanzierte Projekt →„Women are TOP! To the top by innovative corporate cultures” lief von September 2013 bis April 2015 und soll einen Beitrag zur Erhöhung der Frauenanteile in wirtschaftlichen Führungs- und Entscheidungspositionen durch geschlechtergerechtere Organisationskulturen leisten. Es wurde von der Sektion für Frauenangelegenheiten und Gleichstellung des BKA koordiniert, und im Rahmen des PROGRESS-Programms von der Europäischen Union ko-finanziert.
Zwei Partnerorganisationen führten dabei eigenständige Teilprojekte durch: FORBA widmete sich mit beispielhaften → Unternehmensmaßnahmen der Erhöhung der Frauenanteile in wirtschaftlichen Führungs- und Managementpositionen, die WU Wien widmete sich mit einer → Online-Simulation der Erhöhung der Frauenanteile in Aufsichtsräten.